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Was früher die Spielhalle war, ist heute ein virtueller Dreh an der Slotmaschine im Browser. Glücksspiel hat sich verändert, nicht leise und langsam, sondern mit Karacho und Klickgeräusch. Aus Sportwetten, Online-Casinos und virtuellen Automatenspielen ist ein milliardenschweres Ökosystem entstanden, das immer mehr Menschen erreicht und immer schwerer zu kontrollieren ist.

Während Spieler längst auf mobilen Plattformen unterwegs sind, jongliert die Politik mit Gesetzen, Lizenzen und Schutzkonzepten. Der Glücksspielstaatsvertrag von 2021 sollte eigentlich Ordnung schaffen und Nutzer vom Schwarzmarkt weglocken. Aber ein Anbieter, der die Vorgaben wie die 5-Sekunden-Regel umgeht und dennoch lizenziert ist, ist keine Seltenheit mehr und diese Art der Angebote werden von Spielern auch gerne genutzt.

Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, wie es mit den Lizenzen, Steuereinnahmen und technischen Fortschritten aussieht in einer Branche, die sich neu sortieren muss.

Der deutsche Glücksspielmarkt boomt, nur nicht überall dort, wo er soll

Auf den ersten Blick sehen die Zahlen glänzend aus, denn über 13 Milliarden Euro wurden 2023 auf dem regulierten Glücksspielmarkt in Deutschland umgesetzt. Den größten Brocken holten sich die Lotterien mit mehr als 8,5 Milliarden. Die Spielbanken kamen auf rund 1,4 Milliarden Euro, während sich legale Online-Anbieter mit etwa 1,8 Milliarden zufriedengaben. Das klingt nach Wachstum und nach florierendem Geschäft, doch ein Blick auf die Steuereinnahmen erzählt eine andere Geschichte.

Trotz der satten Umsätze gingen die Glücksspielsteuern im gleichen Jahr zurück, denn gerade mal 2,5 Milliarden Euro flossen in die öffentlichen Kassen, 3,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Besonders düster sieht es im Online-Bereich aus, bei virtuellen Automatenspielen brach das Steueraufkommen um satte 38 Prozent ein. Auch Poker (minus 7,5 Prozent) und Sportwetten (minus 5,2 Prozent) lieferten weniger ab. Ein Rückgang, der sich nur schwer mit nachlassender Spiellust erklären lässt. Viel wahrscheinlicher ist, dass das Geld woanders landet.

Online verdrängt Offline und verändert das Spielverhalten grundlegend

Man muss heute kein passionierter Zocker mehr sein, um sich in einer digitalen Spielothek wiederzufinden. Die Einstiegshürden sind niedrig, die Angebote verlockend und das Versprechen eines schnellen Nervenkitzels stets nur ein paar Fingertipps entfernt. Technisch betrachtet ist das moderne Glücksspiel ein Traum. Mobile Apps, reibungslose Abläufe und ein endloses Repertoire an Spielen, die in grellen Farben um Aufmerksamkeit buhlen, machen es möglich.

Was früher die blinkende Leuchtreklame am Eingang der Spielhalle war, übernehmen heute aggressive Bonusangebote, Freispiele und verlockende Rückzahlungsquoten. RTP, Return to Player, ist dabei das neue Lieblingskürzel vieler Spieler. Je höher der Wert, desto besser die Gewinnchancen und davon gibt es im Online-Bereich reichlich.

Anspruch und Wirklichkeit – was kann der Glücksspielstaatsvertrag leisten?

Als im Juli 2021 der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft trat, war die Hoffnung groß. Erstmals sollte eine einheitliche Lizenz für Online-Glücksspiel Anbieter verpflichten, sich an klare Regeln zu halten. Die GGL, also die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder, übernahm die Kontrolle. Ziel war es, Ordnung in einen wild wuchernden Markt zu bringen, Spieler zu schützen und legale Anbieter zu stärken.

Die Theorie klang gut, die Praxis ist zäher, denn die Bedingungen für eine Lizenz sind alles andere als einfach. Anbieter müssen finanzielle Transparenz zeigen, ein enges Netz aus Spielerschutzmaßnahmen einbauen und dürfen sich nur auf einen Bereich spezialisieren. Entweder virtuelle Spielautomaten, Sportwetten oder Online-Poker. Die OASIS-Sperrdatei ist Pflicht, ebenso wie Einsatzlimits und Spielpausen.

Das Ergebnis ist ernüchternd. Gerade mal rund 40 Anbieter haben sich durch den Genehmigungsdschungel gekämpft. Zusammen betreiben sie etwa 100 Plattformen. Vergleicht man das mit dem, was sich auf dem internationalen Markt tummelt, wirkt das fast bescheiden und es wirft die Frage auf, ob nicht genau diese Strenge ungewollt eine Tür geöffnet hat, die längst hätte geschlossen werden sollen.

Der Schwarzmarkt wächst weiter

Denn genau da liegt das Problem, denn während legale Anbieter mit Auflagen jonglieren, machen es sich die illegalen in der Nische gemütlich, denn laut Branchenangaben sollen inzwischen 60 bis 80 Prozent der Online-Umsätze auf nicht lizenzierte Plattformen entfallen. Seiten, die keine Limits kennen, keine Sperrdateien nutzen und mit noch höheren RTPs winken.

Für viele Spieler ist der Unterschied kaum erkennbar. Professionell aufgemacht, blitzschnell erreichbar und oft auf Deutsch stehen die illegalen Plattformen ihren legalen Pendants in Sachen Technik und Design in nichts nach. Nur eben ohne die lästigen Einschränkungen. Dass sie dabei gegen deutsches Recht verstoßen, scheint kaum jemanden zu kümmern.

Schutz nur auf dem Papier – was OASIS & Co tatsächlich leisten

Dabei war gerade der Spielerschutz eines der Kernziele des neuen Vertrags. Mit der OASIS-Sperrdatei wurde ein Instrument geschaffen, das Spielern ermöglicht, sich selbst oder auf Antrag von Dritten vom Glücksspiel auszuschließen. Rund 307.000 aktive Sperren gibt es derzeit, die meisten davon wurden freiwillig gesetzt.

Auch andere Schutzmaßnahmen wurden verankert. Ein monatliches Einsatzlimit von 1.000 Euro, automatische Spielpausen, das Verbot von Autoplay-Funktionen. Werbung unterliegt strengen Regeln.

All das funktioniert, solange sich Spieler auf lizenzierten Plattformen bewegen. Wer aber gesperrt ist und trotzdem weiterspielen will, hat online leichtes Spiel. Ein paar Klicks genügen, um bei einem Anbieter ohne deutsche Lizenz wieder voll im Geschehen zu sein.

Wer heute spielt und wie sich das Publikum verändert

Glücksspiel ist kein reines Männerhobby mehr, zwar dominieren Spieler ab 35 weiterhin die Statistik, doch die Zielgruppe wird bunter. Frauen holen auf, auch ältere Erwachsene bis 70 sind immer häufiger dabei und sogar unter den 14- bis 17-Jährigen zeigt sich eine beunruhigende Quote. Etwa 17 Prozent geben an, zumindest gelegentlich zu zocken, obwohl sie das gesetzlich gar nicht dürften.

Die Gründe fürs Spielen sind keine neuen Nachrichten mehr, sie heißen Nervenkitzel, kurze Flucht aus dem Alltag und Hoffnung auf den großen Gewinn, doch die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Glücksspiel ist durch die Digitalisierung so präsent wie nie. Es taucht in Streams auf, in Werbebannern, in sozialen Netzwerken. Das Schmuddelimage früherer Tage ist passé. Stattdessen gibt’s heute Glanz, Glitzer und ein vermeintlich harmloses Spielvergnügen.

Es bleibt noch viel zu tun

Der deutsche Glücksspielmarkt hat sich verändert und die gesetzliche Regulierung hat auf viele Herausforderungen reagiert, doch längst nicht alle im Griff. Während der legale Sektor unter hohen Auflagen operiert, wächst der illegale Markt weiter, fast ungestört. Die angestrebte Kanalisierung funktioniert nur teilweise und der Spielerschutz greift dort, wo er darf, aber nicht dort, wo er am dringendsten gebraucht würde.

Weniger Regelwerk ist sicher keine Lösung, aber klügeres. Eines, das praktikabel ist, attraktiv für seriöse Anbieter und hart für schwarze Schafe, denn am Ende geht es nicht nur um Geld, sondern um Verantwortung und um ein System, das nicht nur auf dem Papier funktioniert, sondern auch im Allt

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Last Update: July 7, 2025